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Oft übersehen: Vermögensrechtliche Ansprüche der Ehegatten im Rahmen der Teilungsversteigerung

Ein Urteil des OLG Oldenburg vom 18.02.2019 (FamRZ 2019, 1311 f.) gibt Veranlassung, sich mit den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Ehegatten nach Durchführung der Teilungsversteigerung zu befassen. Das OLG Oldenburg hat in diesem Urteil festgestellt, dass der Ehegatte, der das gemeinsame Grundstück ersteigert und weiterveräußert, verpflichtet sein kann, dem anderen Ehegatten, der Miteigentümer des Grundstücks war, in Höhe des hälftigen Betrages der nichtvalutierenden Grundschuld einen Ausgleich zu zahlen. Dabei setzt das Urteil einige Grundsätze im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie voraus:


1. Teilungsversteigerung


Nach der Trennung von Ehegatten ist oftmals die Teilungsversteigerung der gemeinsamen Immobilien der einzige Weg zur Auseinandersetzung. Erzielen die Ehegatten keine Einigung über die Verwertung von gemeinsamen Immobilien, besteht ein Anspruch auf Durchführung der Teilungsversteigerung gemäß § 753 Abs. 1 S. 1 BGB in Form von Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses. Analog § 1365 Abs. 1 BGB besteht der Aufhebungsanspruch während der Ehe jedoch nur, wenn es sich nicht um die „Verfügung über das Vermögen im Ganzen“ handelt. Bei kleinen und mittleren Vermögen ist dies der Fall, wenn die Immobilie 85 % und mehr des Vermögens ausmacht, bei größeren Vermögen, wenn die Immobilie mindestens 90 % des Vermögens ausmacht. Stellt die Immobilie das Vermögen im Ganzen dar, so muss mit der Teilungsversteigerung bis zur Rechtskraft der Scheidung gewartet werden. Danach ist sie grundsätzlich immer zulässig.


2. Miteigentümer als Ersteher


Oftmals bieten die beteiligten Miteigentümer mit, um das Objekt für sich alleine zu erwerben, was auch eine Auseinandersetzung bewirkt. Gemäß § 68 Abs. 1 ZVG sind zunächst einmal 10 % des Verkehrswertes als Sicherheits-leistung zu hinterlegen, sofern Sicherheitsleistung verlangt wird, was der Regelfall ist. Ohne Leistung der Sicherheit ist das Gebot unwirksam. Das gilt auch für Miteigentümer. Ein Miteigentümer als Ersteher muss im Übrigen dann den vollen Steigpreis abzüglich der bezahlten 10 % überweisen. Erst im Rahmen des Verteilungsverfahrens bekommt er davon ggf. 50 % zurück, wenn ihm materiell-rechtlich im Innenverhältnis eine entsprechende Beteiligung zusteht.


3. Verteilung des Ersteigerungserlöses


Nach Einzahlung des Versteigerungserlöses setzt sich die Gemeinschaft am Versteigerungserlös fort. Beantragen die Eheleute übereinstimmend, dass der Versteigerungserlös hälftig an sie ausgezahlt wird, wird der Versteigerungspreis nach Abzug der Verbindlichkeiten hälftig an sie überwiesen. Im Streitfall wird der Rechtspfleger den Versteigerungserlös hinterlegen. Oftmals werden Ansprüche auf Zugewinnausgleich oder auf Nutzungsentschädigung im Rahmen der Teilungsversteigerung geltend gemacht. Allerdings tendiert die Rechtsprechung dazu, Ansprüche auf Zugewinnausgleich und Ansprüche auf eine Nutzungsentschädigung während der Trennungszeit gemäß § 1361 b Abs. 3 S. 2 BGB im Rahmen der Verteilung nicht mehr zu berücksichtigen, da es sich nicht um gleichartige und damit gemeinschaftsbezogene Rechte handelt (BGH, Beschluss vom 22.02.2017, AZ.: XI ZB 137/16). Etwas anderes gilt für einen Entschädigungsanspruch im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB für die Nutzung der Immobilie nach Rechtskraft der Scheidung. Dieser Anspruch muss jedoch ausdrücklich im Rahmen des Anspruchs auf Neureglung der Benutzung geltend gemacht werden.


4. Bestehenbleibende Rechte


Bei der Teilungsversteigerungen sind die Grundschulden bestehenbleibende Rechte. Sie gehören in das geringste Gebot und müssen vollständig abgedeckt sein, § 44 Abs. 1 ZVG. Dies bedeutet, dass eine entsprechende Grundschuld vollständig aufgenommen wird und die bisherigen Tilgungen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden können. Von einem potentiellen Ersteher müssen also die gesamte Grundschuld und auch die gesamte ursprüngliche Verbindlichkeit eingepreist werden.

Nach dem Zuschlag erwirbt der Ersteher gemäß 89, 90 ZVG kraft öffentlich-rechtlichen Aktes das Eigentum an dem versteigerten Objekt. Die Mitwirkung eines Notars ist nicht erforderlich. Allerdings wird dieser in der Regel hinzugezogen werden müssen, um das Objekt neu zu beleihen.


5. Grundschuld und Eigentümergrundschuld


In der Regel wird die Bank im Rahmen des Teilungsverfahrens die noch valutierende Darlehensschuld nebst Kosten und Zinsen anmelden. Dieser Betrag wird aus dem Bargebot beglichen. Die Bank wird den Beteiligten nach Zahlungseingang mitteilen, dass sie aus der Grundschuld keine weiteren Ansprüche mehr herleitet.

Es wäre verfehlt, wenn die Beteiligten des Versteigerungsverfahrens nun den Vorgang abschließen würden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass sich eine Grundschuld nach Begleichung in eine Eigentümergrundschuld verwandelt. Für die Ehegatten bestand dieser Anspruch bei Erteilung des Zuschlages in Höhe des nicht mehr valutierenden Teils der Grundschuld, also in der Höhe der bereits abgelösten Darlehensverbindlichkeit.

Lautete die Grundschuld ursprünglich auf 100.000,00 €, waren bereits aber 50.000,00 € getilgt, so besteht nun ein Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld als Eigentümergrundschuld in Höhe von 50.000,00 €.

Erwirbt nun ein Ehegatte das Objekt, so ist nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BGH DNotZ 2011, 348) der andere Ehegatte verpflichtet, ihm eine Eigentümergrundschuld in Höhe des hälftigen bereits beglichenen Betrages einzuräumen. Der Ersteher kann dann die Vollstreckung abwenden, indem er diesen Betrag ablöst, oder die Vollstreckung in das Grundstück dulden.

In dem Fall, dass der Ersteher das Objekt weiterveräußert hat, erlaubt die Rechtsprechung dem anderen Ehegatten, gegen den Ehegatten, der das Grundstück ersteigert hat, den Anspruch auf den hälftigen bereits zu Zeiten des gemeinsamen Eigentums beglichenen Betrag der Grundschuld unmittelbar im Wege des Zahlungsanspruchs zu verfolgen (OLG Oldenburg, FamRZ 2019, 311 f.).


6. Unsere Empfehlung


Die Teilungsversteigerung ist ein probates Mittel, um das Eigentum an gemeinsamen Immobilien auseinanderzusetzen. Bei der heutigen Lage auf dem Immobilienmarkt werden bei Teilungsversteigerungsverfahren bisweilen auch Werte oberhalb des Verkehrswertes erzielt. Auf keinen Fall darf jedoch vergessen werden, gegen den anderen Ehegatten bzw. den Ersteher weitergehende Ansprüche aus dem bereits beglichenen Immobiliendarlehen und der entsprechenden Grundschuld zu verfolgen. In der Praxis werden solche Ansprüche durchaus übersehen. Die Anwaltskanzlei Dr. Florian Fischer berät und vertritt Sie gerne auf dem Gebiet der Teilungsversteigerung unter Ehegatten und Miterben. Die Kanzlei ist auf Auseinandersetzungen in Familien- und Erbrecht spezialisiert.





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